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Fairphone 4 im Test

Fairphone 4 im Test: Nachhaltiger, aber auch besser?

Ob sich ein neues Handy lohnt, ist immer auch eine ganz persönliche Angelegenheit – und die wird bei einem besonderen Smartphone, wie es das Fairphone 4 nun mal ist, sogar noch etwa persönlicher. Wer sich für das Handy interessiert, kennt das dahinterstehende Konzept sicher schon: Das Ziel ist nicht unbedingt die technisch bestmögliche Leistung, sondern letztlich der Umgang mit der eigenen Verantwortung. Das Unternehmen Fairphone macht bereits Vieles besser und anders als die etablierte Konkurrenz, befindet sich aber noch lange nicht am Ende des Weges.

Auch das wahrscheinlich nachhaltigste Smartphone der Welt – wir reden hier weiter vom Fairphone 4 – kann bei genauer Betrachtung nicht als fair bezeichnet werden. Sowohl der Hersteller selbst als auch wir sprechen lieber von einem im Vergleich faireren Smartphone.

Um das Ergebnis des Tests vorwegzunehmen: Wer noch ein altes Handy hat, das nicht mehr lange durchhält, kann gerne direkt zum Fairphone 4 greifen. Wer bereits den Vorgänger sein Eigen nennt, braucht das Fairphone 4 nicht. Alle anderen sind herzlich eingeladen, unseren Test zu lesen.

Das Fairphone 4 ist da.

Inhaltsverzeichnis

Fairphone 4 in der Box: Nur das Nötigste

Auf Plastik wird verzichtet, das Handy ist in Papier eingewickelt: Der Hersteller geht davon aus, dass Kunden bereits über ein Ladegerät und ein passendes USB-C-Kabel verfügen. Beide sind nicht im Karton zu finden, können bei der Bestellung aber separat hinzugefügt werden. Das gilt auch für eine Schutzhülle und einen USB-C-Adapter für Kopfhörer.

Neben dem Fairphone 4 selbst ist das Paket ziemlich leer, nur eine Kurzanleitung lässt sich finden. Das Handy wiegt mit 224 Gramm spürbar mehr als der Vorgänger, der sich noch mit 189 Gramm begnügte. Die Rückseite besteht nach Herstellerangabe zu 100 Prozent aus recycletem Kunststoff, der Rahmen ist aus ASI-zertifiziertem Aluminium gefertigt.

Im Karton ist fast nur das Handy selbst zu finden.
Das Fairphone 4 ist schwerer als der Vorgänger.

Größer, aber LCD: Design und Display des Fairphone 4

Das Fairphone 4 ist größer als sein Vorgänger: 6,3 Zoll, oder 16 cm, lautet die Diagonale des Displays. Beim Format hat sich der Hersteller für ein längliches 19,5 zu 9 entschieden. Es handelt sich weiter um ein LC-Display, also nicht um ein besseres AMOLED-Display wie beim Shift 6mq. Ein LC-Bildschirm ist günstiger, ein AMOLED-Display hingegen liefert bessere Schwarzwerte und spart im Vergleich sogar Strom.

Das Display bietet eine Bildwiederholrate von 60 Hz, das Bild aktualisiert sich also 60 Mal pro Sekunde. Für ein noch flüssigeres Scrollen wären 90 Hz sicher etwas angenehmer, wenn auch stromhungriger. Die Lesbarkeit ist in Innenräumen absolut in Ordnung, bei direkter Sonneneinstrahlung ist das Display aber nicht hell genug. Von der Seite betrachtet verliert das Handy minimal an Kontrast, was im Alltag aber kein Problem darstellt

Beim Fairphone 4 stehen erstmals mehrere Farben zur Verfügung: Grau, Grün und die im Test vorgestellte Spezialedition in „Grün Speckled“ werden angeboten.

Unabhängig von der Farbe ist der Rahmen des Smartphones von vorne weiterhin deutlich sichtbar. Oben und unten fällt er etwas breiter aus, auch ist die Frontkamera erstmals hinter einer Aussparung mehr oder weniger versteckt. Das Verhältnis von Display zu Gehäuse liegt bei 79,7 Prozent. Oder andersherum ausgedrückt: 21,3 Prozent der Front betehen aus Rahmen. Auf der rechten Seite ist im Power-Button der Fingerabdrucksensor zu finden, der das Handy angenehm schnell entsperrt. Alternativ kann auch ein Passcode (Ziffernfolge) verwendet werden. Rechts ist natürlich auch die Lautstärkewippe angebracht.

Das LC-Display kommt auf 6,3 Zoll
Die Spezialedition in „Grün Speckled“.
Der Bildschirm löst mit 2.340 x 1.080 Pixeln auf.

Farben gibt das Fairphone 4 sehr anständig wieder, hier gibt es in dieser Preisklasse nichts zu beanstanden. Besonders gut macht sich das Handy bei Videos, auch bei Inhalten mit High Dynamic Range (HDR).

Als einzigen Anschluss besitzt das Handy USB-C. Auf einen klassischen Kopfhöreranschluss im 3,5-mm-Format wurde verzichtet, was dann doch überrascht. Wer noch nicht auf drahtlose Bluetooth-Kopfhörer wie die Fairphone-Earbuds (Test) umgestiegen ist, muss mit einem Adapter vorliebnehmen. Dieser liegt dem Paket nicht bei.

Okaye Foto- und Videoqualität beim Fairphone 4

Auf der Rückseite fällt der abgesetzte Kamerabuckel auf. Obwohl hier drei Plätze für Linsen zur Verfügung stehen, besitzt das Handy nur eine Dualkamera und einen LED-Blitz. Eine Dualkamera kostet 79,95 Euro als Ersatzteil, das Modul mit der Frontkamera ist für 29,95 Euro zu bekommen.

Die Hauptkamera des Fairphone 4 kann Fotos mit bis zu 48 MP erstellen, Videos sind mit 4K-Auflösung bei 30 Bildern pro Sekunde möglich. 48 MP lautet auch die Auflösung der zweiten Kamera, einem Ultraweitwinkel. Seflies über die Frontkamera lösen mit 25 MP auf. Im Vergleich mit dem Fairphone 3/3+ sind die Kameras qualitätiv spürbar besser.

Diese unveränderten Fotos wurden mit dem Fairphohne 4 erstellt, bei wechselndem Tageslicht:

Die Kameras stellen im Vergleich leider einen gewissen Schwachpunkt dar. Fotos und Videos des Fairphone 4 sind zwar in Ordnung, aber mit Luft nach oben. Als explizites Foto-Smartphone eignet es sich wenig, Schnappschüsse lassen sich aber trotzdem gut erstellen. Was uns bei Fotoaufnahmen etwas stört, ist die leicht geschönte Vorschau im Sucher. Fertige Bilder sind dann teils etwas weniger belichtet. Der Autofokus der Foto-App könnte zudem schneller sein.

Ein paar Außenaufnahmen des Fairphone 4, ebenfalls unverändert von der Kamera genommen:

Bei Innenaufnahmen ist es mit viel natürlichem Licht durchaus möglich, störungsfreie Fotos zu erstellen. Doch erst draußen werden die Bilder bei Tageslicht detailreicher, genau wie bei anderen Smartphones.

Akku, Leistung und Speicher des Fairphone 4

Der nicht fest verbaute Akku bietet eine Kapazität von 3.905 mAh und kann kabelgebunden über USB-C mit bis zu 20 Watt aufgeladen werden. Über die Schnellladefunktion schafft es der Akku in etwa einer halben Stunde von 0 auf 50 Prozent, wie wir selbst auch bestätigen können. Für die restlichen 50 Prozent lässt sich das Handy mehr Zeit, was aber keine Besonderheit darstellt. Drahtloses Aufladen ist nicht vorgesehen, zumal hier viel Energie verloren geht. Ein neuer Originalakku für das Fairphone 4 kostet beim Hersteller 29,95 Euro.

Die Kapazität des Akkus könnte in dieser Preislage gerne etwas höher sein. Spätestens am zweiten oder dritten Tag muss das Handy wieder an die Steckdose, bei intensiver Dauernutzung hält es natürlich nur wenige Stunden durch. Das sind weder die schlechtesten, noch die besten Werte – und ein zweiter Akku ist schnell in das Gerät eingesetzt. Andere Handys können das nicht. Ein Stromsparmodus lässt sich aktivieren, um die Akkulaufzeit zu verlängern, wenn in dem Moment nicht benötigte Funktionen abgeschaltet werden (Bluetooth, GPS, NFC).

Der Deckel lässt sich leicht abnehmen …
… für den Blick in das Innere …
… mit dem leicht zu wechselnden Akku.

Als Prozessor kommt der Snapdragon 750G 5G zum Einsatz. Je nach Modell stehen 6 GB Arbeits- und 128 GB Festspeicher oder 8 GB Arbeits- und 256 GB Festspeicher zur Verfügung. Der Speicher kann über eine microSD-Karte um bis zu 2 TB erweitert werden, was nicht jedes Handy anbietet. Neben einer Nano-SIM-Karte versteht das Fairphone 4 zusätzlich sogar virtuelle eSIM, sofern der eigene Mobilfunkanbieter diese auch anbietet. Platz für eine zweite physische SIM-Karte besteht nicht.

Der Prozessor ist der Mittelklasse zuzuordnen und bietet eine entsprechende Leistung. Mit alltäglichen Aufgaben kommt er sehr gut klar, auch Videos lassen sich ohne Schwierigkeiten in hoher Auflösung abspielen. Für aufwendiges 3D-Gaming ist er nicht gedacht.

Es bleibt abzuwarten, wie der Hersteller das Fairphone 4 mit diesem Prozessor über einen längeren Zeitraum aktuell halten will, wie es versprochen wurde. Der Snapdragon 750G 5G von Qualcomm kam bereits im September 2020 auf den Markt, also deutlich vor dem Fairphone 4 selbst. Irgendwann wird Qualcomm die Unterstützung einstellen und Fairphone dann auf veraltetete Treiber angewiesen sein.

Die Realität sieht so aus: 99 Prozent der derzeit auf dem Markt befindlichen Smartphones sind nicht modular konzipiert. Selbst ein einfach zu tauschender Akku stellt heute die Ausnahme dar. Beim Fairphone ist das prinzipiell anders, was sich auch beim Fairphone 4 schnell bemerkbar macht.

Die einzelnen Elemente des Handys können auch von Laien ausgetauscht werden. Kameras, Akku, Display und Lautsprecher seien als Beispiele genannt. Teils wird nicht mal ein Schraubenzieher benötigt, nur der Deckel muss per Hand abgenommen werden. Im Innern des Fairphone 4 helfen Beschriftungen auf den Bauteilen schnell weiter.

Ersatzteile können direkt beim Hersteller oder einem Drittanbieter erstanden werden. Eine kostspieligere Reparatur – oder gar der Kauf eines neuen Handys – entfällt, solange die Komponenten verfügbar sind. Die Experten von iFixit haben dem Fairphone 4 in Sachen Reparierbarkeit 10 von 10 möglichen Punkten gegeben. Das Fairphone 4 lässt sich also sehr einfach reparieren.

Lange Update-Garantie: Software und Betriebssystem des Fairphone 4

Bei der Software setzt Fairphone auf ein ziemlich minimalistisches Design, was uns persönlich gut gefällt. Sehr positiv ist die Tatsache zu bewerten, dass es so gut wie keine unnötige Bloatware auf das Handy geschafft hat. Es handelt sich wie erwartet um ein Standard-Android mit diversen Google-Apps, zusätzlich steht noch eine eigene Fairphone-App bereit. Mehr gibt es nicht. Über den Play Store können weitere Apps ohne Schwierigkeiten heruntergeladen und verwendet werden. Ein optionaler Dark Mode steht bereit.

Der Homscreen.
Vorinstallierte Apps mit Dark-Theme.
Google Maps.
Erweiterbarer Speicherplatz.

Das Fairphone 4 wird mit Android 11 ausgeliefert, obwohl der Nachfolger zum Zeitpunkt der Veröffentlichung schon auf dem Markt war. Dass es ein Update auf Android 12 geben wird, steht außer Frage. Wann es hingegen erscheint, ist nach wie vor nicht bekannt.

Der Hersteller hat durchaus verstanden, dass Nachhaltigkeit auch etwas mit aktueller Software zu tun hat. Deswegen sind nicht nur Android 12, sondern auch 13, 14 und sogar 15 in Aussicht. So langsam wird es aber Zeit, zumindest das Update für Android 12 zu verteilen – denn Android 13 ist von Google bereits im Sommer 2022 freigegeben worden.

Fazit zum Fairphone 4: Lohnt sich das Handy?

Ja, aber: Das Fairphone 4 ist für das, was es leistet, recht preisintensiv. Vergleichbare Handys mit ähnlicher Ausstattung sind für weniger zu bekommen. Auch in der vierten Version bleibt das Fairphone etwas für Menschen, denen Fairness und eine möglichst nachhaltige Produktion wichtiger sind als das vielleicht hellste Display und die beste Kamera.

Das Fairphone 4 lohnt sich, wenn der Kontext relevant ist. Es ist das nachhaltigste und konfliktärmste Smartphone, das derzeit auf dem Markt verfügbar ist. Kein anderer Hersteller – mit Ausnahme von Shift – hat so transparent, ehrgeizig und zielstrebig diesen Weg eingeschlagen. Wer das belohnen möchte, ist herzlich eingeladen, sich für ein Fairphone 4 zu entscheiden.

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